Illustration © Nikki McClure

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Side Glance: Melanie Niethammer im Gespräch mit Rosa Reitsamer über ihre Motivationen ein Blog zum Thema Feminismus und Technik zu betreiben.

type=interview
Topic: 
Activism
Internet & digital divide
Work and employment
Teaser Image: 

Location

Germany

Melanie, kannst du dich bitte kurz vorstellen?
Ich bin Melanie, bin 23 Jahre alt und studiere technische Informatik im zweiten Semester. Nebenbei führe ich ein Blog namens side-glance. Ich habe eigentlich immer nur persönlich gebloggt und in letzter Zeit hat sich das dann ein bisschen mit der neuen Thematik vermischt, was mit meinem Studium und mit meiner beruflichen Vergangenheit zu tun hat. Nach einer Ausbildung im IT-Bereich, habe ich drei Jahre als System-Administratorin gearbeitet. Da ist mir sehr schnell aufgefallen, dass ich in dieser Branche nicht immer willkommen war und es dann teilweise auch merkwürdige Zwischenfälle gab, also dass Leute komisch auf mich reagiert haben, ohne dass ich selber dazu etwas beigetragen habe.

Wie bist du zum Feminismus gekommen?
Es gab einen konkreten Zwischenfall in meiner Ausbildung, als ich aufgrund meines Geschlechts eine schlechtere Beurteilung bekommen habe als andere. Ich habe mich daraufhin beschwert und habe mich von da an sehr viel mit der Thematik befasst, ich war damals erst 16. So bin ich eigentlich zum Feminismus gekommen, weil ich eben dann im Internet recherchiert und dort Leute getroffen habe, denen es genauso geht. Ich habe mit Leuten kommuniziert und habe in Communities gepostet. Erst viel später habe ich dann angefangen selber zum Thema zu publizieren.

Wie bist du zum Schreiben und Publizieren gekommen?
Ich blogge schon seit 2001 und das war eigentlich mein Einstieg. Es begann mit einem Tagebuch, das nur bestimmte Leute lesen konnten. Lange Zeit blieb das immer auf dieser Ebene, aber irgendwann hat mir das nicht mehr gereicht. Nun ist es für mich auch ein Ausgleich zu meinem Job, zu meinem Studium, und ich habe dann eben angefangen öffentlich für alle zu bloggen.

Konsumierst du auch andere feministische Medien?
Ja. Ich habe in meinem Feedreader hauptsächlich feministische Medien, also was nicht mit Technik zu tun hat geht meistens schon in Richtung Politik und Feminismus.

Gibt es feministische Medien, die dich inspiriert haben, dein Blog zu machen?
Ich habe damals das Mädchenmannschaft-Blog gefunden, als ich mich mit Feminismus auseinandergesetzt habe. Davor habe ich schon gesucht, aber es gab nichts Vergleichbares. Ich habe dann gemerkt, dass es in Österreich mehr Magazine gibt, aber ich hatte da jetzt in Deutschland keine Möglichkeit in den Laden zu gehen und sie zu kaufen, weil sie eben nicht überall vertrieben werden. Ich habe mich immer hauptsächlich über das Internet informiert und bin dann letztendlich als Mädchenblog und Mädchenmannschaft gegründet wurden, von Anfang an als Leserin dabei gewesen.

Wie regelmäßig stellst du neuen Inhalt auf dein Blog?
Das hat sich leider, leider sehr verändert. Ich komme leider im letzten halben Jahr bis Jahr nicht mehr regelmäßig zum Bloggen. Ich würde unheimlich gerne mehr schreiben und ich habe auch eine unheimlich große Linksammlung an Themen, die ich recherchiert habe und immer noch recherchiere, aber ich kann dem durch mein Studium momentan kaum gerecht werden. Am Anfang habe ich einen Artikel nach dem anderen veröffentlich und es hat mir auch wahnsinnigen Spaß gemacht, auch Reaktionen zu sehen und e-mails zu bekommen und zu sehen, dass sich da was tut, aber im Moment geht das aus zeitlichen Gründen nicht.

Wie wählst du die Themen für deine Artikel aus?
Eigentlich so nach meinem Gemütszustand… Das sind einerseits persönliche Dinge, ich versuche immer nicht allzu persönlich zu werden, aber ich werde es dann trotzdem immer, weil ich eben persönliche Erlebnisse nicht anders schildern kann. Andererseits recherchiere ich dann aber auch, wie das in der Allgemeinheit so ist, wie es mit Zahlen aussieht, wie Frauen beteiligt zB an Open-Source-Projekten sind. Ich bin dann auch auf Mailinglisten und lese, was Frauen aus der ganzen Welt dazu zu sagen haben und dadurch erfolgt die Themenauswahl.

Könnte man sagen, dass ein Schwerpunkt der gewählten Themen auf Technik liegt?
Ja, also Technik-Feminismus sozusagen.

Würdest du dann sagen, es geht so in die Richtung Cyberfeminismus?
Mit dem Thema befasse ich mich erst seit kurzer Zeit und ich habe gesehen, dass es dazu Anfang und der Mitte der 90er schon interessante Abhandlungen gab. Habe hauptsächlich Seiten gefunden, die schon lange nicht mehr aktiv sind, und eigentlich war mir gar nicht so bewusst, dass ich teilweise auch in diesen Cyberfeminismus involviert bin.

Würdest du dein Blog in Beziehung zu einer größeren feministischen Bewegung stellen?
Das fällt mir ziemlich schwer; ich hab Teile von verschiedenen Strömungen drinnen. In meinem Blog geht es eigentlich hauptsächlich um meine Meinung, also es bleibt immer ein Meinungsblog, auch wenn ich viele Dinge versuche zu verallgemeinern. Und ich bin da selber auch sehr hin- und hergerissen, wie meine Einstellung jetzt konkret zu gewissen Themen ist, zum Beispiel, wenn es um Frauenquoten geht. Da bin ich selber teilweise unentschlossen, was jetzt richtig ist oder ob überhaupt etwas richtig sein kann.

Machst du eigentlich auch Öffentlichkeitsarbeit für deinen Blog?
Also komischerweise finden die Leute meinen Blog fast von allein. Am Anfang hat mich das doch ziemlich gewundert. Ich denke, ich habe jetzt auch nicht so viele LeserInnen wie andere Blogs, weil Öffentlichkeitsarbeit mache ich eigentlich keine. Ich schreibe vielleicht Kommentare, in denen Blog verlinkt ist und verlinke andere Menschen über twitter. Ab und zu bin ich selber aktiv, aber meistens bin ich eher passiv und füge Leute auf meine Liste hinzu und die landen dann auf meinem Blog. Und dadurch, dass ich die Leute schon nach meinen Interessen aussuche, ist es dann meistens auch so, dass mein Blog sie interessiert.

Bist du auch auf Facebook?
Ich war auf Facebook, habe mich aber vor ungefähr einem Monat gelöscht. Ich fand diese Datenschutzhintergründe nicht so optimal und habe auch gemerkt, dass ich sehr viel Zeit auf Facebook verschwende, um mit Leuten zu chatten und dadurch die Konzentration auf meine Arbeit verliere und daher habe ich das aufgegeben.

Wie viele LeserInnen hast du durchschnittlich?
Das kann ich leider gar nicht so genau sagen. Wenn mich jemand verlinkt wie etwa die Mädchenmannschaft, dann steigt die LeserInnenzahl extrem in die Höhe. Ansonsten kann es sein, dass ich am Tag so um die 20 LeserInnen habe.

Wenn ich das jetzt richtig herausgehört habe, dann hast du dein Blog angefangen, um dich mit anderen Frauen, die auch ein ausgeprägtes Interesse an Technik haben, virtuell zu vernetzen.
Ja auf jeden Fall ja. Ich habe oft Links zum Beispiel zu den Linux Chicks und andere Gruppen gepostet, weil ich zeigen möchte, dass es auch in diesem Bereich Frauengruppen gibt. Wenn man sich dafür interessiert, dann weiß man eigentlich gar nicht, wohin man sich wenden kann. Ich habe da auch lange nachgeschaut und es gibt einfach auch so viele Gruppen, die nicht voneinander wissen, und ich fand das dann auch amüsant, wenn zum Beispiel eine Gruppe gesehen hat, dass es da die andere auch gibt und dass sie sich teilweise thematisch überschneiden. Ich möchte in meinem Blog einfach auch zeigen, was es gibt und wo man sich unterhalten kann, wo man Lösungen finden kann, ja, einfach wo man Gleichgesinnte findet.

Danke für das Interview.

Interviewee: 
Melanie Niethammer
Interviewer: 
Rosa Reitsamer
Show on calendar: 
no
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