Ladyfest München 2010: Ein Interview mit der Designerin Momo Stall
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Location
Könntest du dich bitte kurz vorstellen?
Ich bin die Momo, ich komme aus München und ich mache hauptberuflich Modedesign, hauptsächlich Mützen. Und hier auf dem Ladyfest biete ich Mützen an, die man sich selber nähen kann und Mützen, die man kaufen kann.
Ist das dein erstes Ladyfest?
Ja, ich habe vorher noch nie etwas darüber gehört. Mich hat eine Freundin darauf aufmerksam gemacht, die mir dann Flyer gegeben hat.
Was sagst du zu diesem Ladyfest, zu dieser Idee, zu diesem Konzept?
Ich finde es super, ich finde es extrem witzig, spannend, es gibt sehr viele Leute, die sich einbringen und etwas machen, die einfach aktiv sind. Ich habe jetzt leider von dem ganzen Organisatorischen nicht viel mitbekommen aber ich sehe, dass hier ganz viele Leute ganz engagiert sind und das gefällt mir.
Wie findest du diesen Ort hier [Glockenbachwerkstatt, München], wo das Ladyfest stattfindet und inwiefern denkst du, beeinflusst dieser Ort das Ladyfest?
Also ich finde die Glockenbachwerkstatt für diesen Zweck ziemlich passend aber die Glockenbachwerkstatt ist an sich eben auch ein sehr links-gerichteter Laden und dafür allgemein bekannt und ich denke, dadurch wird natürlich auch das Publikum entsprechend beeinflusst. Wer kommt her, wer kommt nicht her? Wer weiß eigentlich davon? Und das finde ich eigentlich ein bisschen schade, weil es sowieso die Leute anspricht, die es sowieso schon kennen, die sowieso schon informiert sind über gewisse Dinge. Das finde ich eigentlich ein bisschen zu eingeengt, auch durch die Location. Aber auch dadurch, dass kaum nach außen hin Werbung gemacht wurde.
Ladyfeste werden oft kritisiert, hauptsächlich für und von weißen Mittelklasse-Frauen organisiert und besucht zu werden. Wie siehst du das?
Also multikulturell empfinde ich es nicht aber die weiße Mittelklasse-Frau, daran störe ich mich ein wenig, weil den Eindruck habe ich nicht. Also ich habe bei den Besuchern auch nicht den Eindruck von Mittelklasse sondern eher ein wenig ärmer aber auf jeden Fall gebildet. Also es ist irgendwie eine ganz merkwürdige Mischung. Und weiß, naja, in Deutschland leben verglichen mit den USA eher wenig Schwarze, daher vielleicht die „weiße Mittelklassefrau“.
Zu deinem Verkaufsstand: Machst du das sonst auch bei anderen Festivals?
Ja, ab und zu, wenn ich etwas höre, wenn ich irgendwo von Designer-Märkten höre, bin ich schon dabei. Auf normalen Festivals bin ich jetzt eher nicht, weil ich es gerade erst noch ausbaue. Aber es ist auf jeden Fall geplant, dass es mehr wird.
Wie unterscheidet sich denn ein Verkaufsstand auf einer Designermesse zu dem hier auf dem Ladyfest? Gibt es Unterschiede?
Ja, gravierende sogar. Also hier ist mehr das Interesse da, Wissen zu erwerben, wie mache ich das eigentlich? Es geht weniger um das Interesse zu kaufen sondern eher darum Informationen zu bekommen, um es selber zu machen und das finde ich eigentlich auch ganz gut. Es geht eher in die künstlerische Richtung.
Wie empfindest du generell diesen DIY-Charakter von Ladyfesten? Würdest du sagen ein Ladyfest zeichnet sich durch diesen do-it-yourself-Aspekt aus oder ist das eher nicht so wichtig für dieses Ladyfest? Wie siehst du das?
Ich denke, es ist nicht so wichtig. Wichtiger sind die Workshops. Also das merke ich einfach auch am Interesse an den DIY-Angeboten. Es ist eigentlich kaum Interesse da und die Leute gehen zu den Workshops und lassen sich erklären, wie ich was mache. Es ist ein bisschen schwierig mit den Leuten hier. Manche trauen sich nicht so richtig. Da ist die Bedienungsmoral vielleicht ein bisschen hoch.
Denkst du, dass das Ladyfest einen alternativen Raum schaffen kann?
Ja, definitiv.
Inwiefern?
Durch die verschiedenen Ideen, durch das Engagement der Leute, die sich vorstellen, ihre Projekte vorstellen, die auch eine Plattform bieten, vielleicht auch nur zum Gesprächsaustausch für Leute, die vielleicht gar nicht so recht wissen, in so einer Stadt wie München, wo ist da meine Nische? Also das denke ich schon. Es wäre halt schöner, wenn breiteres Publikum angesprochen wäre, weil dann könnte man den Gedanken noch weiter verfolgen, denke ich.
Inwiefern denkst du wird hier ein feministischer Raum geschaffen? Wird so etwas überhaupt geschaffen und wenn ja, inwiefern?
Nein, wird nicht. Was hier geschaffen wird ist ein toleranter Raum, ein Toleranzraum aber kein feministischer Raum.
Siehst du generell Verbindungen zwischen Ladyfest und Feminismus?
Also so konkret eigentlich nicht aber vielleicht in der Hinsicht von „ich traue mich etwas, ich mache etwas, ich bin eben nicht abhängig von der Männerwelt sondern ich kann selber sein und machen“. Vielleicht hilft es auch dem einen oder anderen Besucher, der hier ist und Projekte macht auch das Selbstbewusstsein zu stärken, natürlich auch das feminine Selbstbewusstsein zu stärken. Das schon, das würde ich schon sagen.
Wie siehst du denn den Netzwerk-Aspekt von Ladyfesten? Findest du, hier wird ein Netzwerk geschaffen?
Ich glaube schon, dass das Ladyfest dazu geeignet ist, Netzwerke zu schaffen. Alleine schon von den verschiedenen Leuten, die man hier trifft, die alle, wie ich schon sagte, sehr engagiert sind, freundlich und offen, die einfach auch bereit sind, jemand Neuen anzunehmen.
Hast du deinen Stand beworben, z.B. online? Nutzt du Social Software, wie MySpace zum Beispiel?
Nein, nutze ich gar nicht. Ich habe meine eigene Homepage, ich habe auf der Ladyfest-Homepage ein kleines Plakat reingestellt und ich habe natürlich Werbung im Freundes- und Bekanntenkreis gemacht, klar. Aber so mit diesem ganzen Internet, Social Networks habe ich es nicht so.
Was hältst du eigentlich von diesen Begriffen "Lady" und "Ladyfest"?
Das finde ich ein bisschen einschränkend, das hat dadurch schon einen sehr lesbischen Charakter, obwohl natürlich propagiert wird, dass es nicht so ist und trotzdem hat es den. Ich finde ihn jetzt nicht ganz glücklich aber auch nicht ganz unglücklich.
Noch eine letzte Frage: Wie denkst du kann sich das Konzept „Ladyfest“ entwickeln oder was würdest du dir wünschen, in welche Richtung Ladyfeste gehen sollten?
Ich würde mir wünschen, dass das Ladyfest auch junge Leute anspricht aber vielleicht auch so ein bisschen die Hausfrau, Mitte 40, die es ja immer noch gibt, leider, dass das vielleicht ein bisschen in die Richtung gemacht wird, dass den Leuten wirklich etwas nahe gebracht wird. Es hat für mich wenig Sinn, es den Leuten nahe zu bringen, die es ohnehin schon wissen. Also das ist natürlich auch wichtig aber um sich zu entwickeln ist mir das zu wenig.