Ka Schmitz, Comic-Zeichnerin, Illustratorin und Wen-Do-Trainerin, im Gespräch mit Rosa Reitsamer
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Ka Schmitz, Comic-Zeichnerin, Grafikerin, Illustratorin und Wen-Do-Trainerin in Berlin sprach mit Rosa Reitsamer über ihre Comics, deren Verortung in einer queer-feministischen Community und die Schwierigkeit, Strichfiguren zu zeichnen, die nicht selbstverständlich als „Strichmännchen“ gelesen werden.
Ka, du zeichnest Comix, machst aber auch andere Dinge. Kannst du bitte ein wenig deine Tätigkeitsbereiche schildern?
Ich zeichne Comics und arbeite als Grafikerin und mache Webseiten, Logos, Visitenkarten und illustriere auch Kinderbücher. Davon lebe ich auch hauptsächlich. Ich gebe auch Comix-Zeichenkurse und arbeite außerdem noch als Wen-Do-Trainerin, eine feministische Selbstbehauptung und Selbstverteidigung, und mache Kunstprojekte mit Kindern. Daneben bin ich sehr viel damit beschäftigt, Mutter für mein Kind zu sein, das gerade acht Monate alt ist.
Wie bist du zum Zeichnen gekommen?
Ich kann gar nicht sagen, wie ich zum Zeichnen gekommen bin, weil ich hab‘s eigentlich schon immer gemacht. Wahrscheinlich hat mir jemand mal einen Stift gegeben. Ich bin Comix-Zeichnerin, seit ich circa elf bin. Da habe ich meinen ersten mehrseitigen Comix gezeichnet. Ich habe Comix eigentlich immer schon geliebt, weil es so ein super Medium ist, diese Kombination aus Bild und Sprache, die eine Einheit ist und eine neue Form ergibt.
Sind Comix auch ein autobiografisches Medium für dich?
Ja. Ich kann zwar auch Auftragsarbeiten, wenn eine sagt, male doch mal eine Geschichte über das und das. Aber das, was mir eigentlich richtig am Herzen liegt, ist stark autobiografisch gefärbt wie zum Beispiel der Comic „Jungskclub“ (zu sehen unter www.ka-comix.de). Ich glaube, ich muss mich immer wieder überwinden und da hinbringen, dass es auch okay ist, etwas Autobiografisches zu machen. Ich verpacke nicht so klare politische Parolen, sondern entwickle das Comics entlang meiner eigenen Geschichte, was ich erlebe und was mich beschäftigt. Was natürlich auch meistens politische Themen berührt.
Welche Themen behandelst du in den Comix?
Wenn ich autobiografisch arbeite, dann geht es sehr viel um Alltagsthemen. Gewalt gegen Frauen und Selbstverteidigung, Gewaltprävention und Geschlechterrollen tauchen immer wieder auf, weil mich dieses Thema schon sehr lange beschäftigt. Ich habe dazu auch zwei Bücher illustriert: „Jule und Marie“ von Brigitte Braun ist ein Kinderbuch und „Katrin‘s Geheimnis. Eine Geschichte über sexuelle Übergriffe über Geschwistern“ von Marion Mebes und Ester Klees. Für solche Themen werde ich mittlerweile auch angefragt, weil ich die Gefühle gut darstellen kann und mittlerweile über Wissen und Sensibilisierung verfüge, wie Übergriffe visuell dargestellt werden können, ohne dass es re-traumatisierend wirkt.
Sind die Comix für dich auch eine Möglichkeit, um feministisches Bewusstsein zu schaffen?
Auf jeden Fall, aber ohne, dass ich jetzt anderen erzähle was richtig ist, sondern eher darüber, dass ich meine Geschichte und Gedanken erzähle oder dass ich meine Erfahrungen einfließen lassen, wenn ich die Geschichte von jemand anderes illustriere.
Ich achte sehr darauf, wie mit „gender“, „race“ oder „Behinderung“ umgegangen wird. Comics eignen sich gut, weil ihnen erstmals unterstellt wird, dass sie lustig und unterhaltsam sind. Ich finde, man kann Themen wie „gender“, „race“ und „Behinderung“ manchmal auch unterhaltsam präsentieren und dann haben Leute eher mal Lust, sich damit zu beschäftigen.
Das ist ein Genderpuzzle, ein Überbleibsel von einem Ausstellungsprojekt, das ich gemeinsam mit Imke Schmidt realisiert habe. Die Idee des Genderpuzzles ist, dass eine Figur immer wieder ihre Identität wechselt. Wir dachten, wir fangen mit Strichmännchen an, weil ein Strichmännchen ja angeblich neutral ist und kein Geschlecht hat. Das funktioniert aber natürlich nicht, weil die Leser_innen gewöhnt sind, Geschlechter zu sehen. Wenn eine Figur da ist, die einfach nur ein Quadrat mit Kopf und Arme und Beine ist, dann ist das ein Männchen und erst, wenn du der Figur die Drag-Utensilien gibst und ihr eine Schleife auf den Kopf setzt, dann wird es eine Frau. Das haben wir versucht zu brechen und haben der Strichfigur Accessoires gegeben, die verschieden verwendet werden können – zum Beispiel mal als Bart, mal als BH oder mal als Elvis-Perücke.
Welche Rolle spielen bei deinen Comix Wortwahl, Sprache, Bilder?
Mein Schwerpunkt liegt auf der Frage: Wie kann ich Verschiedenheit darstellen ohne in Klischees zu verfallen? Wie kann ich Geschlecht darstellen, ohne dass es zu einer binären klischeehaften Darstellung kommt? Wie kann ich verhindern, dass eine Strichfigur automatisch zu einem Strichmännchen wird? In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie werden Figuren gelesen. Viele Figuren werden z.B. eindeutig als weiss gelesen, obwohl sie nur eine Linie sind. Wie kann ich verschiedene kulturelle Hintergründe oder Ethnizitäten darstellen? Muss ich eher dick auftragen und es so deutlich machen, dass es wirklich jede_r versteht oder muss ich es vielleicht nur so deutlich machen, dass es die Betroffenen erkennen. Alles, was nicht entsprechend gekennzeichnet ist, wird sofort wieder als weiß gelesen. In drei Linien, mit denen du eine Strichfigur zeichnet, liegt sehr viel Normierung. Was kann ich tun, um diese Normierung aufzubrechen?
Kontextualisiert du deine Comix in einer feministisch-queeren Communtiy?
Ja, auf jeden Fall. Meine ganz freien Arbeiten verorte ich in der queeren Community oder zumindest in feministisch positionierten Räumen.
Wenn ich für Verlage arbeite, dann geht es nochmal um ein ganz anderes Publikum, und
bei meinen Comic-Workshops geht es eher um Empowerment. Da ist das Thema eigentlich nicht so wichtig, weil es darum geht, ein Medium in die Hand geben. Dafür finde ich Comix sehr geeignet, weil du dafür letztendlich nichts brauchst, weder Zeichenkünste, noch Materialien. Du kannst mit einem Kuli und einem Zettel großartige Kunst erschaffen. Das finde ich so toll daran.
Wie handhabst du das Copyright bei deinen Comix?
In diesem kapitalistischen Verwertungssystem achte ich sehr auf mein Copyright und halte da sehr meine Finger drauf, dass da kein Konzern oder kein Verlag mehr bekommt als er bezahlt. In der Kunst ist das ganz anders. (lacht) Da mache ich manchmal auch Sachen mit Copy-Left oder ich sage, ich möchte gerne, dass ihr das vervielfältigt.
Wir haben z.B. eine Kampagne zur Sensibilierung von sexualisierter Gewalt gemacht, wo wir Bierdeckel mit Comix bedruckt haben, auf denen Situationen dargestellt waren, die so kurz vor dem Kippen waren. Die haben wir in Kneipen verteilt und haben gesagt, Text und Bilder sind frei verfügbar. Es kommt beim Copyright immer auf den Kontext an.
Arbeitest du auch mit Web 2.0 und MySpace und Flickr?
Das kann man nicht behaupten. Ich besitze zwar eine MySpace-Seite, benutze sie aber nicht wirklich. Ich habe eher eine Skepsis wie viele Daten ich ins Internet stelle und die überwiegt oft gegenüber dem, dass es eine tolle Kommunikationsplattform ist und viele Sachen einfach und schnell laufen. Ich komme aus einer linken Tradition und bin noch sehr in diesen Datenschutzgedanken erzogen. Außerdem sitze ich einfach viel lieber am Zeichentisch als am Computer.
Vielen Dank für das Interview.